Bodhrán

Die Bodhrán begegnet dem Irland Freund auf vielen verschiedenen Wegen: Auf Konzerten und in Pubs natürlich, aber auch auf Briefmarken und Plakaten am Flughafen in Dublin.

Sie ist fast schon, neben der Harfe, zu einem Symbol Irlands geworden.

Ein spannendes Musikinstrument, spannend nicht nur, weil sie so viele verschiedenen Sounds produzieren kann, sondern auch, weil sie in den letzten 50 Jahren eine unglaubliche Entwicklung in Design und Spielweise mitgemacht hat – und diese Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen.

Die Bodhrán ist eine Rahmentrommel, wie es sie in vielen verschiedenen Formen auf der ganzen Welt verteilt gibt. Dennoch ist die Herkunft der Bodhrán ungeklärt. Ihre äußerliche Verwandtschaft zum Tambourin ist offensichtlich, aber einen Beweis, dass sie auf Handelswegen mit dem südlichen Europa nach Irland gekommen ist, wurde noch nicht gefunden.

Das Wort „Bodhrán“ stammt aus dem irischen bodhar, welches taub, stumpf, benommen oder auch dumpf bedeuten kann. Das Wort Bodharaí steht für einen hohlen Ton, den Klang einer Trommel und so weiter. Vom Wort bodhar leitet sich übrigens seit dem Mittelalter das engl. Wort „to bother“ ab. Bodhar ist heute nicht mehr im Gebrauch.

Der früheste Nachweis eines Gebrauchs des Wortes bhodhrán geht auf eine Schrift aus dem 15.Jhd. zurück, eine medizinische Anleitung, in der ein aufgeblähter Bauch mit dem Sound einer Trommel (bhodhrán) beschrieben wird. Auch in alten Lexikaeinträgen zeigt sich, dass das Wort Bodhrán vor 1827 schon in Gebrauch war.

Auf Abbildungen eines irischen Malers (Maclise), die ca. 1850 entstanden sind, sieht man eine Rahmentrommel, bei der die linke Hand des Spielers innen das Fell berührt und die rechte die typische Bewegung auszuführen scheint.

Wie weitere Forschungen ergeben haben, fanden sich in einigen Bereichen Kerrys schon in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts einige Bodhránhersteller, die damals nicht nur für die lokalen Musiker, sondern auch schon für Touristen gebaut haben, die Bodhrán war also damals schon ein beliebtes Souvenir. Eine erste Aufnahme ist aus dem Jahre 1927 bekannt, zumindest hört man da Flöte und Trommel, ob es sich um eine Bodhrán mit Schellen oder um ein Tambourin handelt, ist nicht bekannt.

Ihr Einsatz als Musikinstrument hat sich in den letzten 50 Jahren massiv gewandelt. Diese Entwicklung verlief parallel zur Entwicklung der traditionellen irischen Musik. Während bis in die 50er Jahre traditionelle Musik vorwiegend zum Tanz gespielt wurde, entwickelte sich ab den 50er Jahren die traditionelle Musik auch auf der Bühne zu einer Kunstform. Maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt war Sean O’Riada, der die traditionelle irische Musik auf die Konzertbühne holte und mit dem Ensemble Ceoltóirí Chualann die Vorgängerband der heute noch aktiven Chieftains gründete.

Er entschied: „The bodhrán is the national drum“ und somit sprang auch die Bodhrán auf die Konzertbühnen. Bislang hatte sie eher ein Schattendasein geführt, tauchte hier und da mal bei Küchensessions, vor allem in Kerry auf, und hatte sonst ihren großen Auftritt nur am St. Stephens Day, wenn sie mit den Wren Boys auf die Jagd nach dem Zaunkönig ging.

Video: John Joe Kelly Bodhran Solo

„Hunting the wren” heißt eine alte Tradition in Irland, bei der der heute nur noch ein ausgestopfter Zaunkönig „gejagt“ (eigentlich gesucht) wird. Dieses Ritual fand draußen statt, dementsprechend war die Bodhrán auch eher ein Outdoorinstrument. Laut, teilweise mit Schellen versehen, wurde ihr Sound in den nächsten Jahren poliert, das laute Dröhnen des Felles wurde mit der linken Hand abgedämpft, die Schellen verschwanden langsam und die Spieltechnik wurde verfeinert.

Damit wuchsen auch die Ansprüche an die Hersteller: Es reichte nicht mehr, ein Ziegenfell auf einen Holzrahmen zu nageln, es sollte differenzierter klingen, schöne Bässe und knackige Höhen haben. Die Bodhrán sollte stimmbar sein, um den unterschiedlichen Bedingungen auf den Bühnen Rechnung zu tragen.

Und so wurde experimentiert und weiterentwickelt, Stimmsysteme eingebaut, Rahmentiefen verändert und die Fellbehandlung verfeinert. Neue Spielstile entwickelten sich, das Spiel wurde melodiöser, die linke Hand am Fell sorgte für unterschiedliche Tonhöhen.

Die Bodhrán wurde in Bandarrangements einbezogen, wurde langsam an ihre neue Rolle gewöhnt. Doch damit nicht genug, sie wurde „Heartbeat“ der irischen Musik, später auch Schlagzeugersatz in diversen Bands. Sie tauchte vermehrt in Sessions auf, Zusammenkünften von Leuten, die traditionelle irische Musik spielen, was ihr nicht immer Freunde eingebracht hat.

Für Viele schien sie ein einfacher Einstieg in die interessante Welt der irischen Musik, und so wurde manchem Sessionmusiker durch unerfahrene Spieler die Freude am gemeinsamen Musizieren ein wenig verdorben. Heute gibt es überall ein reichhaltiges Kursangebot und selbst günstige Einsteigertrommeln klingen deutlich besser als noch vor 10 Jahren.

Dies, und das Bewusstsein, dass es vielleicht doch nicht so einfach ist, tragen dazu bei, dass der Ruf der Bodhrán wieder besser geworden zu sein scheint.

Spielweise der Bodhrán

Die heutige Spielweise hat sich erst in den letzten Jahrzehnten entwickelt und diese Entwicklung wird auch heute noch vorangetrieben.

Einem im Vergleich zu den übrigen Rahmentrommeln recht tief gestimmten Fell kann der Spieler viele verschiedene Töne entlocken. Bei einem Rechtshänder hält die rechte Hand den Tipper, auch cipin genannt und führt eine einzigartige Drehbewegung aus, um den Rhythmus zu erzeugen.

Die linke Hand sorgt für unterschiedliche Tonhöhen, indem sie das Fell auf verschiedene Arten abgreift. Aus der Kombination von rechter und linker Hand ergeben sich faszinierende Klänge und Rhythmusmuster. Diese Komplexität hat in den letzten vier Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen.

In den 60er Jahren wurde lediglich der offene Sound durch das Anlegen der Hand an das Fell abgedämpft, dann kamen unterschiedliche Tonhöhen dazu. Das ganze Spiel wurde so nuancenreicher, und schließlich kamen Rhythmusmuster vom Schlagzeug und aus anderen Kulturen hinzu. Heute hört man die Bodhrán auch in der Rolle des Basses in der irischen Musik und es werden Bassläufe gespielt.

Von vielen wird sie als eine Mischung aus Schlagzeug und Bass angesehen, ohne dabei ihre typischen Klänge und Rhythmen zu verlieren. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass ein zu abwechselndes und variantenreiches Spiel zu sehr von der eigentlichen Musik ablenkt.

Die Bodhrán bleibt ein Begleitinstrument, sie soll die Melodie untermalen und nicht übertünchen. Hier ist weniger oft mehr.

Bodhránkauf

Eine Bodhrán zu kaufen, scheint heute, im Gegensatz zu noch vor 10 oder 15 Jahren, nicht schwer: Ein großes Auktionshaus ist voll mit Bodhráns zu günstigen Preisen. Aber führen diese Trommeln zum gewünschten Ziel?

Jeder, der schon eine Bodhrán gehört hat, sucht eine Trommel mit vielen tonalen Möglichkeiten, vor allem einen kräftigen warmen Bass, aber eben auch knackige Höhen und möglichst viele Tonnuancen dazwischen. Dies wird ein Instrument für unter 100€ nicht hergeben. Hier sind Qualitätsinstrumente gefragt.

Interessanterweise bekommt man gute Bodhráns selten in Musikläden, sondern entweder direkt vom Hersteller selbst oder über ausgewählte Zwischenhändler.

Die Liste renommierter Hersteller ist lang: Seamus O’Kane, Rob Forkner, Mike Quinlan, Eoin Leonard, Paul McAuley, Michael Vignoles, Alberto Alfonso, Brendan White, David W. Settles, Eamon Maguire, Davy Stuart oder Norbert Eckermann bauen gute Trommeln in verschiedenen Preisklassen. (Sicher haben wir einen in der Liste vergessen, daher erhebt diese auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit).

Jeder der renommierten Bodhránhersteller hat sein eigenes Rezept, die Felle zu bearbeiten, die Rahmen zu fertigen und seinen Stil im Design. Einer, der sich in den letzten Jahren in der weltweiten Champions League ganz nach oben gespielt hat, ist ein Deutscher.

In Sulzemoos bei München hat Bodhránmaker Christian Hedwitschak seine Werkstatt, seine Trommeln sind weltweit von den führenden Bodhránspielern gefragt, so kann die Wartezeit für spezielle Modelle auch mal über ein halbes Jahr betragen. Zusammen mit dem Autor dieses Artikels hat er eine Sonderedition entworfen, die mit werkzeuglosem Stimmsystem und speziell behandelten Fell keine Wünsche offen lässt (RWE=Rolf Wagels Edition).

Aber Christian Hedwitschak baut nicht nur High End Trommeln im individuellen Design, es gibt auch eine Linie für Einsteiger und eine für aufstrebende Profis mit schmalem Budget. Gerade die Einstiegerlinie Light Line bietet mit Startpreisen ab 125€ eine wirklich spielbare Alternative zu den Billigtrommeln, die sich eher als Wandschmuck eignen.

Außerdem kommt hinzu, dass hier die Produktion kontrollierbar ist und weitgehend Rohstoffe aus Europa verwendet werden. Bei den Billigtrommeln sind es häufig Felle aus Pakistan die unter fragwürdigen Umständen billigst produziert werden.

Wie lerne ich es am besten

Das Bodhránspiel ist heute in diversen Kursen zu erlernen. Guido Plüschke führt z.B. regelmäßig Kurse an Volkshochschulen in ganz Deutschland durch. Auch der Autor gibt mehrere Wochenendworkshops in ganz Deutschland. Highlights sind die zweimal im Jahr durchgeführten BodhránWeekends, in denen sich vom blutigen Anfänger bis zum alten Hasen die Bodhránszene aus ganz Deutschland trifft, um Unterricht bei beiden oben genannten Lehrern zu erhalten, sich auszutauschen und Vorträgen zum Thema Bodhrán und Konzerten zu lauschen.

In Irland hat sich in den letzten 10 Jahren eine Bodhrán Summerschool auf der Insel Inis Oirr (kleinste der Aran Inseln im Westen Irlands) etabliert. Hier unterrichten eine Woche lang hervorragende Lehrer, es gibt Konzerte und Session. Mehr Informationen zum Höhepunkt im Bodhrán-Jahr findet man unter www.craiceann.com.

Der Einstieg in die Bodhránwelt klappt sicher am besten mit einem Lehrer, der live erklären kann und der sofort korrigierend eingreifen kann, bevor sich falsche Bewegungen angewöhnt werden. Bei der Suche nach Lehrern und bei allen Fragen rund um die Bodhrán hilft in Deutschland das Bodhrán-Forum unter www.bodhran.de. Das Forum hat sich zu einem gut besuchten Platz zum Austausch von sehr vielen deutschsprachigen Bodhránspielern entwickelt.

Sollte kein Lehrer zu finden sein, so empfiehlt sich Einsteigern das Buch The Bodhrán Book von Steafan Hannigan, weitere Anregungen für etwas Fortgeschrittene finden sich im „Goatwhackers Guide“ von Lucy Randall. Und nicht zuletzt finden sich auf youtube einige gut gemachte Tutorials, wenn man sich die Zeit nimmt, nach diesen Nadeln im Heuhaufen zu suchen.

Ausblick: Die spannende Entwicklung der Bodhrán ist keineswegs abgeschlossen, wir werden auch in den nächsten Jahren noch viele Innovationen erleben. Es macht sehr viel Spaß, ein traditionelles Instrument mit einem solchen Entwicklungspotential zu spielen und vielleicht einen kleinen Beitrag zu seiner Entwicklung zu leisten.

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